Viel zu heiß am Arbeitsplatz!

Nachdem jetzt endlich das schöne Wetter Einzug gehalten hat, spüren wir auch die negativen Folgen der Hitze. Was kann ich als Arbeitnehmer denn eigentlich tun, wenn es bei mir am Arbeitsplatz unerträglich heiß ist, ich möglicherweise dadurch sogar gesundheitlich angegriffen bin?

I. Wie immer hilft ein Blick ins Gesetz: Nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist ein Arbeitgeber (AG) verpflichtet, Arbeitsplätze so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird, § 4 ArbSchG. Die Maßnahmen die er dabei zu treffen hat, müssen dem Stand der Technik, der Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstigen gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnissen entsprechen. Für den Bereich der Temperatur am Arbeitsplatz sind diese Erkenntnisse eingeflossen in die Arbeitsstättenverordnung, näher konkretisiert in die in der Anlage beigefügte Arbeitsstättenrichtlinie ASR 6. Es handelt sich dabei aber, wie der Name schon sagt, um eine Richtlinie, d.h. konkrete Ansprüche lassen sich aus der Richtlinie nur herleiten, wenn konkrete Gesundheitsgefährdungen bestehen, bzw. Gesundheitsschäden schon eingetreten sind

Nach der Arbeitsstättenverordnung gilt, dass in Arbeits-, Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räumen, in denen aus betriebstechnischer Sicht keine spezifischen Anforderungen an die Raumtemperatur gestellt werden, während der Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren, der körperlichen Beanspruchung der Beschäftigten und des spezifischen Nutzungszwecks des Raumes eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur bestehen muss. Die Arbeitstättenrichtlinie ASR 6 bestimmt als eine Art vorweggenommenes Sachverständigengutachten, wie hoch die Temperatur denn nun sein darf, damit diese Anforderung erfüllt sind. Danach gilt für Arbeitsräume eine Obergrenze von 26 Grad, für Pausen-, Bereitschaft-, Liege-, Sanitär- und Sanitätsräume von 21 Grad und für Duschräume von 24 Grad. Fenster, Oberlichter und Glaswände müssen darüber hinaus je nach Art der Arbeit und der Arbeitsstätte eine Abschirmung der Arbeitsstätten gegen übermäßige Sonneneinstrahlung ermöglichen.

So hat z.B. das KG Berlin 8. Zivilsenat, Entscheidung vom 02.09.2002, 8 U 146/01 für den Bereich des Mietrechts entschieden:

„Eine Mietsache (hier: Ladengeschäft) ist mangelhaft, wenn in den Mieträumen die nach der Arbeitsstätten-Richtlinie 6 zulässige Lufttemperatur von 26 Grad Celsius überschritten wird. …“

Unter bestimmten Umständen hätte der Mieter des Ladengeschäftes nach dieser Entscheidung sogar fristlos kündigen können.

Das Verwaltungsgericht des Saarlandes 5. Kammer hat am 10.04.1984, Aktenzeichen: 5 K 84/82 für den Bereich des Arbeitsschutzes entschieden:

„Die Arbeitsstättenverordnung § 6 Abs 1 fordert nicht nur eine Raumtemperatur, bei der eine unmittelbare Gesundheitsgefahr ausgeschlossen ist; vielmehr muß die Raumtemperatur von den Arbeitnehmern als behaglich empfunden werden. …“

II. Welche Maßnahmen kann denn nun der Arbeitgeber treffen? Denkbar bei großer Hitze wären z.B. folgende Maßnahmen, abhängig von den betrieblichen Möglichkeiten:

1. Verlagerung der Arbeitszeit

2. Verkürzung der täglichen Arbeitszeit, Betriebsferien

3. Zusätzliche oder länger Pausen

4. Reduktion des Arbeitstempos

5. Einsatz von Klimaanlagen oder Ventilatoren

6. Anpassung der Bekleidungsvorschriften

7. Kostenlose Getränke – Anpassung des Kantinenspeiseplans

8. Nutzung der Nachtabkühlung und Durchlüftung

9. Schutzmaßnahmen vor direkter Sonneneinstrahlung

Inbesondere der Dress-Code kann bei großer Hitze ein Thema sein. Dazu gilt Folgendes:

Der Arbeitgeber ist kraft seines Direktionsrechts befugt, dem z.B. im Verkauf tätigen Arbeitnehmer zu untersagen, in Gegenwart von Kunden in Jeans, Turnschuhen, mit offenem Kragen, ohne Krawatte und ohne Sakko aufzutreten. Der Arbeitgeber, in dessen Betrieb z.B. Möbel oder andere Waren gehobenen Genres hergestellt werden, erwartet von seinen im Verkauf tätigen Arbeitnehmern zu Recht, daß sie bei Gesprächen mit Kunden entsprechend gepflegt und in einer Art und Weise gekleidet auftreten, wie sie dem von dem Arbeitgeber festgelegten Charakter der Produkte entspricht. Gleiches gilt sicher für Angestellte von Banken u.ä..

Das Direktionsrecht kann aber immer nur im Rahmen der Billigkeit ausgeübt werden, d.h. es muss den Arbeitsnehmern auch zumutbar sei. An heißen Tagen kann daher sicherlich verlangt werden, dass die Kleiderordnung in vernünftigem Rahmen, den betrieblichen Anforderungen entsprechend, gelockert wird.

III. Abschließend stellt sich die Frage, was für Möglichkeiten ein Arbeitnehmer hat, wenn zu seinem Schutz vor Hitze nichts getan wird?

Eine Verletzung der diesbezüglichen Pflichten des Arbeitgeber kann, wenn eine konkrete Gesundheitsgefahr besteht oder Gesundheitsschäden schon eingetreten sind (Unbedingt ärztlichen Rat einholen, ein Attest zur Dokumentation geben lassen!), folgende Ansprüche des Arbeitnehmers nach sich ziehen:

1) Klage auf Erfüllung der Arbeitsschutzpflichten, ggf. auch bei drohenden Gesundheitsschäden auch im Eilverfahren,

2) unter bestimmten Voraussetzungen kann der AN die eigene (Arbeits-)Leistung zurückhalten, hier ist aber unbedingt vorher fachlicher Rat einzuholen, meist muss vorher eine Abmahnung ausgesprochen werden,

3) im Extremfall hat der AN das Recht zur fristlosen Kündigung, dieser Anspruch dürfte eher theoretischer Natur sein,

4) der Arbeitnehmer kann sich schließlich ggf. an den Betriebsrat oder die Fachkraft für Arbeitssicherheit wenden.

Ein Verstoß des Arbeitgebers kann u.U. Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zugunsten seiner Arbeitnehmer auslösen, für den Arbeitgeber drohen außerdem Bußgelder.